PR muss sich mit Twitter auseinandersetzen; und zwar jetzt
Lange Zeit konnte ich den Buzz um Twitter nicht so recht nachvollziehen. Klar, Microblogging ist eine hochinteressante Sache, die die Spielreglen der Online-Kommunikation deutlich verändert. Aber ganz nüchtern betrachtet war Twitter doch in Deutschland gesamtgesellschaftlich gesehen eher eine Randnotiz. Gut in den USA sieht das anders aus, aber hier… naja.
Ich glaube, in der nächsten Zeit kann sich das ändern. Woran ich das festmache? Nun es gibt ein paar ganz persönliche und ein paar gesellschaftlich-mediale Faktoren, die da reinspielen:
Twitter-Juice
in Anlehnung an den berühmten Google-Juice nenne ich so die Möglichkeit, über Twitter (neue) Nutzer auf sein Webangebot zu holen. Ein kleines persönliches Beispiel: Ich habe für mein WordPressblog das Plugin Twitter-Tools eingebau. Damit versendet mein Blog automatisch einen Tweet, wenn etwas neues erscheint. Nicht sooo prickend könnte man meinen, aber seit ich diese Fuktion nutze ist Twitter zu meinem TOP-REFERRAL avanciert. Sprich: Ich bekomme mehr Traffic (rund 8 %) über Twitter als über Google (6 %). Das fand ich selbst erstaunlich.
Wahrnehmung über die Szene hinaus
Twitter ist im Begriff zum Begriff zu werden. Und schuld daran sind die (klassischen) Medien. Wenn man die Genios-Pressedatenbank beftragt, wie oft Twitter genannt wurde, dann zeigt sich. Im März dieses Jahres gab es 565 Meldungen in klassischen Papiermedien über Twitter. Ein plus von schlanken 4700% gegenüber dem Vorjahr. Ein Zufall? Wohl eher nicht, wenn man sich die Entwicklung anschaut.
Mittlerweile hat sogar schon mein alter Vater in den USA einen Twitter-Account. Allerdings nur, weil er sich damit bequem die Schlagzeilen von SPON per SMS auf iPhone ziehen kann. Aber hat ja niemand gesagt, dass man twitter unbedingt interaktiv nutzen muss.
Aber nicht nur die Medien sind geil auf Twitter. Auch die User. Zwar gibt es keine wirklich verlässlichen Zahlen, aber wie man beim Agenturblog nachlesen kann, sind die Wachstumsraten enorm.
Einen Zuwachs von sagenhaften 1000% konnte Twitter gegenüber dem Februar 2008 verzeichnen, so heißt es in einem gestern von Comscore veröffentlichten Bericht. 4 Millionen Nutzer wurden für diesen Zeitraum gezählt. Inwiefern das auch die gut 90% der Aktivität ins Kalkül zieht, die nicht auf der Webseite selbst sondern mit Hilfe der zahlreichen Clients und Aggregatoren erreicht wird, bleibt allerdings offen.
Vier Millionen Nutzer. Das ist mal ne Marke. Da lässt sich schon was mit anfangen. Wobei hier natürlich noch nicht ganz klar ist, wie seriös die Zahlen wirklich sind.
Schussfolgerungen:
Ich denke es wird Zeit, sich auch Deutschland ernsthaft mit dem Thema Twitter in der PR zu beschäftigen. Die „Marktvoraussetzungen“ dafür sind da, aber es gibt ganz andere Probleme: Ich würde in Deutschland nicht mehr als einer Hand voll PR-lern zutrauen, erfolgreiche Twitter-PR zu machen. Die PR-Szene in D schafft das ja noch nicht einmal mit Blogs (und ich gehe davon aus, dass Twitter mittelfristig wichtiger sein wird, als Blogs). Für erschreckend viele PR-ler, beschränkt sich Webnutzung auf Google, E-Mail und Wikipedia. Wie sollen die Ihre Kunden richtig beraten?
Das das noch nicht aufgefallen ist liegt daran, dass die Kunden in sehr viele Fällen selbst noch viel weniger Ahnung von der Materie haben. Der Bedarf wird nicht gesehen und es zeigt sich einmal mehr, dass wir in einer Gesellschaft leben, in der sich der Digital Divide bereits vollzogen hat. Deswegen aber eine ganz neue Zielgruppe nicht zu versorgen halte ich für ökonomisch unvernünftig. Zeit das sich was dreht.
Weitere Denkanstöße dazu z.B. bei
Ed: Nutzen durch Interaktion
Landau Media beobachtet Web 2.0: Via FFPR
Thementracker für Twitter: Damit können Sie mla schauen, ob schon über Ihr Unternehmen gesprochen wird. Via RRW
Wie unternehmen erfolgreich Twitter nutzen: Via RRW
Wie Twitter Google SEO optimiert: Via PR-Kloster
ich denke auch, dass es vor allem die niedrige Hürden für ein Gespräch sind, die Twitter so attraktiv machen. Gleichzeitig ist aber auch zu beobachten, dass viele auf konkrete Anfragen gar nicht reagieren bzw. einen dann plötzlich mit standardisierten Infos (z.B. Presseaussendung) zumüllen.
klar. Kampf dem TKP
Ja es wird Zeit, da stimme ich dir voll zu. Wobei bei Twitter die Versuchung recht groß ist in alte Muster zu verfallen und in erster Linie an Follower zu denken und daran möglichst laut zu brüllen. Was ich sehr interessant finde an Twitter, ist die im direkten Vergleich mit dem Bloggen deutlich höhere Wahrscheinlichkeit für das Zustandekommen von Gesprächen. Und dieser Umstand ist für mich aus PR-Sicht besonders relevant.