Warum (gute) PR mehr kritische Presse braucht
Habe heute lange mit einem Journalisten über das Thema der Kritikfähigkeit von Unternehmen gesprochen. Klar, der erste Impuls des PR-lers ist es, Kritik zu vermeiden, oder zumindest abzufedern. Besonders, wenn sie medial abläuft. Aber das ist eine sehr kurzfristige Sicht auf die Dinge. Sie bezieht sich nur auf den Moment und vernachlässigt einen langfristig sehr wichtigen Aspekt für die PR: Die Glaubwürdigkeit des Trägermediums.
Die Frage ist doch: Warum ist es ein größerer PR-Erfolg, wenn man mit einer Story in – zum Beispiel – der Washington Post landet, als wenn man sich ein ungekennzeichnetes Advertorial in einem „Wald-und-Wiesen-Medium“ erschleicht. Ganz einfach: Weil sie sich nicht kaufen lässt und weil sie in der Vergangenheit kritisch berichtet hat. Ergo hat sie Glaubwürdigkeit und wenn meine Botschaft von einem sehr glaubwürdigen Medium übertragen wird, dann ist der Effekt ungleich höher.
Viele PR-ler haben Angst vor der Kritik, weil man nicht mit Konfetti beworfen wird. Da hilft es sich den Wortsinn von „Kritik“ zu vergegenwärtigen. Kant z.B. benutzte das Wort Kritik nicht im Sinne von Infragestellen, sondern von Analyse und Prüfung. Mehr noch: Eine Kritik ist immer auch eine „kritische Würdigung. Und das kann nur im Interesse eines Unternehmens sein.
Als PR-ler bin ich abhängig vom kritischen Medium. Denn in Zeiten der Info-Flut bin ich nicht mehr auf die Masse der Medien angewiesen sondern auch deren Glaubwürdigkeit. Masse zu erzeugen ist ungleich leichter. Im Zweifel schaffe ich das als Unternehmen dank SoMe auch selbst. Darum freue ich mich über jeden Beitrag, der eine kritische Würdigung darstellt.
Natürlich muss Kritik sachlich richtig, fair und angemessen sein. Die Aufforderung zur Kritik ist keine Aufforderung zur Beleidigung. Die Wikipedia schreibt dazu sehr schön:
Die erlernte Fähigkeit, Kritik nicht als Angriff gegen die eigene Person, sondern als nützlichen Hinweis für Handlungsverbesserungen aufzunehmen, und die erlernte Fähigkeit, Kritik so zu üben und zu formulieren, dass sie anstatt zu kränken im Gegenteil motiviert, wird als Kritikkompetenz bezeichnet.
Ich glaube wir in den Medien (der Autor eingeschlossen) brauchen mehr Kritikkompetenz.
Bild: CC-BY
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